Eine Wegbereiterin der systemischen Therapie war Virginia Satir.
Wer war Virginia Satir? Zunächst einige Eckdaten.
- geboren 1916, gestorben 1988
- Sozialarbeiterin
- Dozentin für Familientherapie
- Mitarbeiterin an zahlreichen Kliniken und sozialpsychologischen Instituten in Kalifornien
- Leiterin von Seminaren und Gruppentraining in vielen Ländern
- Hatte eine eigene therapeutische Praxis
- Entwicklung der Familienrekonstruktion zwischen 1965 und 1970.
Maximen von Virgina Satir waren:
- Empathie
- Wertschätzung
- Begleitung des Klienten auf einem neuen Weg
- Ohne Reglementierungen oder Vorschriften
- Tempo und Richtung bestimmt der Klient
Zwei Zitate von Virginia Sartir sollen die grundlegende Haltung wiedergeben, die ich in meiner therapeutischen Arbeit vertrete:
Ein System ist eine Ganzheit. Jedes Teil ist mit jedem so verbunden, dass jede Änderung eine Änderung des Ganzen bewirkt…
Wo in einer Familie Selbstausdruck nicht möglich ist ohne die Selbstachtung zu verlieren, kommt es zu Störungen. Störungen sind daher immer zugleich Störungen der Selbstachtung, des Selbstwerts.
Jeder Mensch trachtet danach zu (über)leben, zu wachsen und nahe bei anderen zu sein. Alles Verhalten drückt diese Zeile aus, unabhängig davon, wie gestört es erscheinen mag… Das, was die Gesellschaft krankes, verrücktes, dummes oder schlechtes Verhalten nennt, ist in Wirklichkeit der Versuch seitens des ge-kränk-ten Menschen, die bestehende Verwirrung zu signalisieren und um Hilfe zu rufen“…
Über die Jahre hin entwickelte ich ein Bild davon, wie es aussehen könnte, wenn ein menschliches Wesen menschlicher lebt: Es ist eine Person, die ihren Körper versteht, wertschätzt und entwickelt, ihn schön und nützlich findet; eine Person, die real und ehrlich zu sich selbst, über sich und andere ist; eine Person, die bereit ist Risiken auf sich zu nehmen, kreativ zu sein, kompetent zu sein, sich zu ändern, wenn es die Situation erfordert, und Wege zu finden, um Neues und Verschiedenartiges aufzunehmen, den Teil des Alten, der noch nützlich ist, zu behalten und den Teil, der es nicht ist, abzulegen. All dies zusammengenommen macht ein körperlich gesundes, geistig waches, fühlendes, liebendes, spielerisches, authentisches, kreatives und produktives menschliches Wesen aus. Es kann auf den eigenen beiden Füßen stehen, es kann tief lieben sowie fair und effektiv kämpfen. Es steht in gleicher Weise zu seinen zarten Seiten wie zu seinen zähen und kennt die Unterschiede zwischen beiden. Es kann sich deshalb wirksam bemühen, seine Ziele zu erreichen.
Aus „Selbstwert und Kommunikation“, Virginia Satir (2002)
Parallelen der tiergestützten Therapie zum Ansatz der Systemischen Therapie und der Sensorischen Integrationstherapie:
Virginia Satir sagte: „Unsere Ressourcen werden durch das Gefühl bewertet zu werden gehemmt“.
Tiere und Kommunikation
- Tiere bewerten nicht
- Tiere lehren nonverbale (analoge) Kommunikation
- die „ehrlichere“ Sprache, bei der Ausdruck und das, was gemeint ist, einander entsprechen
- die uralte Sprache, die unsere Mutter schon mit uns gesprochen hat
- die Sprache der Liebe, der Trauer, des Kampfes, der Wut
- sie folgt nicht Regeln von Syntax, Logik oder Grammatik, sondern drückt Empfinden für den anderen verstehbar aus
- die Sprache der Beziehung
Zum Vergleich: Verbale (digitale) Kommunikation
- Beziehung zwischen Wort (Symbol) und dem Gemeinten ist willkürlich (Konvention!) festgelegt
- Folgt den Regeln von Grammatik, Syntax, Logik, nicht den „Regeln“ des „Sachverhaltes“
- Ist relativ „jung“
- Ist Sprache „über die Dinge“
„Wie Tiere Kindern helfen können“, Prof. Dr. Erhard Olbrich, Vortrag Rothenburg (2005)
Virginia Satir beschrieb vier Kommunikationsformen, die als Stressreaktionen auftreten, wenn das Selbstwertgefühl in der Interaktion bedroht ist:
| zum Aufbau des Selbstwertgefühls |
Virginia Satir erarbeitete die fünfte, die kongruente Kommunikationsform.
Bei dieser Kommunikationsform spricht die Stimme Worte, die mit Mimik, Körperhaltung und Ton übereinstimmen. Eine Person, die kongruent ist, strahlt etwas Integrierendes, Offenes, Lebendiges aus.
Kongruent sein befähigt zur: Integrität, Verantwortung, Ehrlichkeit, Intimität, Kompetenz, Kreativität und der Fähigkeit mit realen Problemen auf eine realistische Art fertig zu werden.
Kongruentes Verhalten kann man nicht simulieren.
Kongruentes Verhalten entspricht der nonverbalen (analogen) Kommunikation, wie sie den Tieren zu eigen ist. Eine Kommunikation, die wir seit Urzeiten kennen, die keine „double-bind“-Botschaften aussendet und nicht verwirrt. Dies schafft eine stabile emotionale Basis.
Der sensorisch-integrative Behandlungsansatz ist
- wertschätzend
- ganzheitlich
- selbstorganisiert
- handlungsorientiert
- selbstbestimmt im Weg
- lustorientiert
Er baut Selbstsicherheit und Handlungskompetenz auf.
Aus der Sensorischen Integrationstherapie nach Jean Ayres ist bekannt, dass die Sinnessysteme in wechselseitiger Wirkung mit unserem seelischen Empfinden stehen. So wirkt sich, vereinfacht gesagt das Gleichgewicht auf die seelische Ausgeglichenheit, der Muskelsinn auf die Bewegungsfreude und der Tastsinn auf die Kontaktfähigkeit aus und umgekehrt.
Die Sensorische Integration (Zusammenarbeit der Sinne) gilt als Voraussetzung für psychische Stabilität und adäquate kognitive Fähigkeiten wie Konzentration, Ausdauer, Gedächtnis, Lernfähigkeit, Sprache, Übertragungsfähigkeit und fördert somit den Einsatz und Nutzen der vorhandenen Intelligenz.
Der sensorisch-integrative Behandlungsansatz nutzt die intrinsische Motivation und verbindet sie mit gezielten Sinnes- und Handlungsangeboten. Durch ihr kongruentes Verhalten können Tiere besonders dazu beitragen Menschen mit großer Verunsicherung emotional zu stabilisieren. Sie bieten zudem ein breites Spektrum an Sinneseindrücken und intrinsisch motivierter, komplexer Handlungsfelder Streicheln, Füttern, Spielen, was ich genauer unter „Therapie mit Hund>Einführung“ beschrieben habe.
Die wechselseitigen Zusammenhänge sind anschaulich im Modulationsmodell (Anpassungsmodell) aus der Weiterbildung Sensorische Integrationstherapie dargestellt.
Virignia Satir sagte im obig aufgeführten Zitat:
„Über die Jahre hin entwickelte ich ein Bild davon, wie es aussehen könnte, wenn ein menschliches Wesen menschlicher lebt:…“
Ihr Schlusssatz unter diesem Absatz ist folgender:
„Die Familie ist die „Fabrik“, in der diese Art Person entsteht. Die Erwachsenen sind die „Menschenmacher“.
Aus “Selbstwert und Kommunikation”, Virginia Satir (2002)
Tiere können uns lernen mit einer kongruenten, wertschätzenden Haltung unser eigenes Leben und das unserer Mitwelt wertschätzend zu begleiten.
Möglicherweise ist jeder Mensch und jedes Tier ein Teil der „Fabrik“ in der wir uns gegenseitig bereichern und einander in unseren unterschiedlichen Rollen ergänzen können.